Nationaler Alleingang: Slowakei weitet Importstopp für Ukraine-Getreide aus

Neue Regelung gilt zeitlich unbefristet und für zehn weitere Produkte

Wien, 30. November (aiz.info). - Der nächste nationale Alleingang eines der fünf an die Ukraine grenzenden fünf Frontline-Mitgliedstaaten der EU, seit Mitte September ihre von Brüssel gestatten Ausnahmeregelungen ausgelaufen waren: Wie die APA meldet, habe die Regierung der Slowakei ein Importverbot auf zehn weitere Agrarprodukte aus der Ukraine ausgeweitet und unbefristet verlängert. Das ursprüngliche Importverbot für Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumensamen bis zum Jahresende befristet gewesen. Die neue Regelung für Produkte wie Hopfen, Honig, Rohr- und Rübenzucker. Ähnliche Beschränkungen hätten zuvor auch schon Polen und Ungarn verhängt. Die Ukraine, so das Analysehaus UkrAgroConsult, wiederum befürchtet, Bulgarien könne bis Ende November befristete Importrestriktionen von Sonnenblumensaat aus dem Schwarzmeerland fortsetzen, obwohl die bulgarische Ölsaatenindustrie diese zur Auslastung ihrer Kapazitäten benötige.
 
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 könne das Land seine Schwarzmeerhäfen kaum noch zur Ausfuhr auf den Weltmarkt nutzen. So kommen ukrainische Agrarprodukte überwiegend über die Landesgrenzen Richtung Europa. Die EU erlaubte Bulgarien, Polen, Rumänien, der Slowakei und Ungarn, den Verkauf auf ihren heimischen Märkten zu verbieten, um die Preise dort nicht kaputt zu machen. Die EU-Bestimmungen liefen am 15. September aus. Polen, Ungarn und die Slowakei führten daraufhin eigenmächtig Importverbote ein.
 
Laut dem slowakischen Landwirtschaftsminister Richard Takac hätten Bauern des Landes durch die Einfuhr von ukrainischem Billiggetreide Verluste von rund 110 Mio. Euro erlitten. Kompensationszahlungen der Europäischen Union hätten mit rund 5 Mio. Euro nur einen Bruchteil davon abgedeckt. Die Maßnahme sei daher unausweichlich, solange die EU nicht wieder zu einer gemeinsamen Importbeschränkung zurückkehre.
 
Den Transit ukrainischer Agrarprodukte wolle die Slowakei weiterhin ermöglichen, aber strenger kontrollieren, da zurzeit rund 80% der eigentlich nur zum Transit vorgesehenen Agrarprodukte im Land blieben und den heimischen Produzenten schadeten, so Takac.
 
Sorge vor mehr Markt- und Preisdruck in westlichen EU-Staaten
 
Damit wächst in den westlich davon gelegenen Mitgliedstaaten - auch in Österreich - die Befürchtung, ein solcher Alleingang, wenn er nicht von der EU-Kommission unterbunden werde, sorge durch noch mehr Transit ukrainischer Agrarprodukte ihre angespannten Märkte und den herrschenden Preisdruck noch stärker. Denn obwohl etwa die Weichweizenernte Österreichs 2023 laut AMA mit 1,64 Mio. t um 80.000 t größer ausfiel als 2022, wurden im Zeitraum von Juli bis September dieses Jahres mit 152.080 t weniger als die 153.017 t im Vorjahreszeitraum von den Mühlen vermahlen. Man klagt über maue Nachfrage und einen schwachen Absatz am Weizenmarkt. Die gesamten Weichweizenlager oin Österreich sind in diesem Zeitraum von 803.103 t auf 879.179 t angewachsen, der aktuelle Notierung der Wiener Produktenbörse für Qualitätsweizen ist im Vergleich der Kalenderwochen 48 der Jahre 2022 und 2023 von 375 Euro/t um 28% auf 270 Euro/t verfallen. Zudem seien laut AMA im laufenden Wirtschaftsjahr zwischen Juli und September mit 87.932 t um gut 7% weniger Mais in den Mischfutterwerken verarbeitet worden.
 
Man betont, Alleingänge wie die der Slowakei zeigten, die EU müsse in ihren Mitteln, Gemeinschaftsrecht durchzusetzen und sich nicht von einzelnen Regierungen auf der Nase herumtanzen zu lassen, vielmehr noch mehr gestärkt werden anstatt Kompetenzen aus Brüssel in die Mitgliedstaaten abzuziehen. Auch wächst die Sorge, die ukrainischen Agrarlieferungen könnten irgendwo auf ihrem Transitweg - etwa über die Donau - nach Westen "Nostrifikationsverfahren" in Richtung einer Herkunft aus der EU unterzogen werden. (Schluss) pos
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